Naja, definiere "Beckenbiologie"!Kann ich den Sand bedenkenlos tauschen ohne einen enormen Eingriff in die Beckenbiologie zu verursachen ?
Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass Dein Boden stark nährstoffhaltig und v.a. anoxisch ist und Du beim Absaugen daher mögliche Schwefelwasserstoff (H2S)-Vorräte plötzlich freisetzt oder eben Nährstoffe freisetzt die sich dann ggf. als Nitrat und Phosphat wieder im Wasser ansammeln. H2S bzw. Sulfid ist giftig und es kann etwas dauern bis sich das wieder zu ungefährlichem Sulfat in der Wassersäule hochoxidiert. Das hat aber nichts mit Beckenbiologie zu tun, sondern mit einer akut schädigenden Substanz v.a. für Wirbeltiere wie Fische. Die können dann arge Probleme bekommen und hier gibt es auch seit jeher bekannte "Unfälle", wenn man ungestüm in einem hohen Bodengrund rum wühlt oder den zu schnell auf einmal absaugt. Wenn Du nur eine dünne Sandschicht hast, wird das aber nicht passieren, weil eine dünne Sandschicht sauerstoffhaltig (oxisch) ist.
Der Boden an sich ist aber anteilig für die sog. "Beckenbiologe" eher unbedeutend. In meinen derzeitigen Anlagen hab ich gar keinen Bodengrund und in Zuchtanlagen oder Verkaufsanlagen i.d.R. auch nicht. Ich betreibe eine Zuchtanlage komplett nur mit Lichtrasterplatten, ohne Steine ohne nix, nur Korallen. Soviel zum Thema "Beckenbiologie". Das ist so ein Begriff, der wird gerne verwendet und keiner weiß eigentlich, von was er genau spricht bzw. was damit gemeint ist.
Einzig die bekannten mikrobiologischen Stoffwechselprozesse Nitrifikation, Denitrifikation, Desulfurikation, etc. könnte man unter dem Begriff versammeln, wobei "Beckenbiologie" eben viel mehr ist, als nur das! Die Koralle und viele andere Organismen wirken mit ihrer Nährstoffaufnahme und ihrem Konkurrenzwachstum ganz extrem im Bereich Beckenbiologie.
Nitrifikation ist auf jedem oxischen Substrat im Becken etabliert, sogar auf den Scheiben. Wenn Du den Sand absaugst, wird das Dein Becken womöglich nicht mal merken, wenn Du nicht gleichzeitig die Ammoniumbelastung des Beckens veränderst, weil die Nitrifikationsleistung von allen anderen Oberflächen kompensiert wird.
Denitrifikation - sollte die überhaupt im Boden stattfinden, dann würde sich nach dem Entfernen des Bodengrunds Nitrat mit der Zeit im Wasser anreichern, sofern auch hier keine Kompensation durch andere denitrifizierende Orte ergibt, bzw. Stickstoff nicht anderweitig umgesetzt und verbraucht wird (Korallenwachstum, heterotrophes Bakterienwachstum, etc.). Aber die meisten Böden arbeiten nicht mal anaerob und daher gibt es auch keine Denitrifikation. Ich halte die Denitrifikation im Becken selbst auch je nach Gestaltungsmaterial für teils gar nicht existent bis allenfalls vernachlässigbar. Problematisch bei der Denitrifikation ist aber, dass sie eben von Nitrat abhängig ist. Wenn Du tatsächlich ein anaerob arbeitendes Milieu hättest, und dort Nitrat fehlt, dann nutzen viele Bakterien Sulfat als Elektronenakzeptor und dabei entsteht dann der durchaus toxische Schwefelwasserstoff. Weitergedacht spricht das wiederum für eine zu hohe organische Belastung im Boden (ohne organische Kohlenstoffquelle würden solche heterotrophen Prozesse gar nicht ablaufen) sowie für eine mangelhafte Beströmung des Bodens. Beides sind keine guten Zustände, weil sich das auf das gesamte Becken auswirkt, mit einem zu niedrigen Redoxpotential, einem zu hohen biologischen Sauerstoffbedarf und ggf. auch mit Rücklösungen von Nährstoffen ins Wasser (dauerhafte Phosphatprobleme, daher auch dauerhafter Einsatz von Adsorber).
Da müsstest Du so oder so ran und den Bodengrund austauschen, weil Dein Becken langfristig darunter leider würde.
In vielen Fällen ist sogar die "Bodenbiologie", so nenne ich das jetzt mal, ungünstig oder schlecht für das übrige Becken. Viele Becken würden besser stehen, hätten sie weniger Bodengrund oder gar keinen. Die oben genannten negativen Einflüsse wie biologischer Sauerstoffbedarf, Redoxpotential etc. sind für viele Sandbettsysteme typisch. Die meisten Aquarianer denken, sie packen Sand in ihr Becken und laut Lehrbuch hätten sie dann was gutes gemacht, Denitrifikationsstellen geschaffen, etc. Das ist ziemlicher Unsinn, der Bodengrund ist v.a. die "Mülldeponie" für ein Becken, durch Sickerprozesse (Eintrag von partikulären Nährstoffen), Ansammlung von Mulm, Sauerstoffzehrung, etc.
Andere mikrobiologische Prozesse sind eher untergeordnet zu bewerten, sofern sie überhaupt stattfinden.
Also, um die Frage nochmal zu beantworten, sofern Du ein oxisches Substrat hast mit einer normalen Beladung mit organischen Ablagerungen wird Dir da überhaupt nichts passieren, wenn Du den Sand absaugst. Ist der Bodengrund sehr verschmutzt und zudem von der Schichtdicke her > 2 cm, dann würde ich erstmal nur die oberste Schicht absaugen, damit die darunterlegenden, potentiell anoxischen Zonen sauerstoffhaltig werden und sich die Prozesse daher ins aerobe umkehren. Das dauert in der Regel nur wenige Stunden oder 1-2 Tage, dann kannst Du die nächste Schicht absaugen.
Informationen dazu findest Du auch zum Thema Bodengrund in den SEA-Z.