Seite 1 von 1
Nickel
Verfasst: Samstag 26. Oktober 2019, 21:34
von tropicreef
Hallo zusammen, in der Rubrik "Meerwasserchemie" möchte ich ein weiteres essentielles Spurenelement vorstellen. Es ist Nickel.
Das chemische Element Nickel mit dem Elementsymbol Ni (Molmasse: 58,69g/mol) zählt wie die meisten essentiellen Spurenelemente zu den Übergangsmetallen. In den ICP Analysen wird Nickel auch ausgewertet. Im Meerwasser beträgt der Nickelgehalt etwa 0,5-2 ppb (=μg/l) bei 35psu. Millero gibt den Nickelgehalt bspw. mit 0,47 µg/l an. Bei Phytoplankton bezogen auf deren Trockenmasse liegt die Nickelkonzentration bei 1-10 ppm, was auf eine Biokonzentration gegenüber Meerwasser hindeutet. Bentische Algen enthalten 0,2-84 ppm, Meerkrebse 0,14-60 ppm, Mollusken 0,1-850 ppm und Fische 0,1-11 ppm; alle Werte sind auf die Trockenmasse bezogen.
Nickel kommt in Wasser vor allem als Ni2+(aq) vor. Es kann gelöst oder komplexiert mit anorganischen Liganden vorliegen oder aber auch partikulär gebunden sein.
In sango nutri-basic #2 ist Nickel als anorganische Verbindung enthalten.
Die wichtigste Bedeutung für uns in der Meerwasseraquaristik liegt in der Enzymaktivierung; man spricht hier in diesem Falle von metallaktivierten
Enzymen. Bei ihnen ist das Metall locker an das Protein gebunden; wichtig für die volle enzymatische Aktivität.
Enzyme, die Nickel als Cofaktor in ihrer Katalyse verwenden, sind folgende:
Superoxid-Dismutase (SOD): 2 O2– + 2 H+ → H2O2 + O2
Urease: H2N-CO-NH2 + 2 H2O + Ca2+→ CaCO3 (s) +2 NH4+
>> Superoxid-Dismutase [von latein. super = über, griech. oxys = sauer, dis = doppelt, latein. mutare = verändern] ist ein Enzym, das die Umsetzung des hochreaktiven und für viele Zellkomponenten schädlichen Superoxidradikals O2- nach der obigen Gleichung katalysiert; sie sind wichtige Antioxidantien. Das dabei entstehende H2O2 (Wasserstoffperoxid) kann zerfallen oder ebenfalls enzymatisch von Katalase abgebaut werden. Die Abkürzung lautet SOD.
>> Urease ist ein Enzym, das die Spaltung von Harnstoff in Kohlenstoffdioxid und Ammoniak unter Verbrauch von Wasser katalysiert. In Anwesenheit von Calcium Ca2+ wird Calciumcarbonat ausgefällt.
Re: Nickel
Verfasst: Sonntag 27. Oktober 2019, 20:49
von tropicreef
Bei einem Salzgehalt von 35psu geben die Analyselabore folgende Idealwerte von Nickel an:
Konzentration nach Frank J. Millero: 0,47 µg/l
ATI ICP: Idealwert bei 0,50 μg/l
FM ICP: Referenzbereich 3 bis 6 μg/l
Triton ICP: Idealwert bei 5,00 μg/l
Was haben höhere Nickelwerte für Auswirkungen?
Re: Nickel
Verfasst: Montag 28. Oktober 2019, 20:06
von tropicreef
In wissenschaftlichen Untersuchen von u.a. Christine Ferrier-Pagès wurden vier Aquarien verwendet:
1. Im ersten Aquarium lag zur Kontrolle der Nickelwert bei 0,12μg/L und Harnstoffgehalt bei 0,26μmol/L
2. Im zweiten Aquarium wurde der Nickelgehalt auf 3,50 μg/L erhöht
3. Im dritten Aquarium wurde der Harnstoffgehalt auf 5,52μmol/L erhöht
4. Im vierten Aquarium wurde sowohl der Nickelgehalt auf 3,50 μg/L und der Harnstoffgehalt auf 5,52μmol/L erhöht
Das Ergebnis war eindeutig:
>> Ein erhöhter Nickelwert steigert die Kalzifikationsrate und somit das Wachstum.
>> Das Wachstum wird dadurch noch gesteigert, wenn extra Harnstoff (=Urea) dem Becken hinzugegeben wird.
>> Eine Nickelanreicherung erhöht die Aufnahmerate von Harnstoff.
>> Eine Harnstoff Anreicherung erhöht geringfügig die Harnstoffaufnahmerate.
Dieser Sachverhalt wird durch eine gesteigerte Enzymaktivität verursacht und lässt sich mit der oben genannten Urease Gleichung gut erklären.
Weitere Ergebnisse aus den Versuchen waren:
>> Zooxanthellendichte bleibt unverändert
>> Chlorophyll Konzentration erhöht sich 2x (Ni, NiUr)
>> Photosyntheserate ehöht sich um 1.57x (Ni), 1.2x (Ur), 2x (NiUr)
>> Harnstoffanreicherung erhöht die Atmung (Respiration) zweifach
Ich rate hier aber von einer Nachahmung am eigenen Becken ab! Das Thread soll nur aufzeigen, was passiert wenn bestimmte Spurenelemente zu hoch dosiert werden.
Für Becken, die stark blaulastig beleuchtet werden, ist ein erhöhter Nickelgehalt aber ratsam. Bei blaulastiger Beleuchtung ist die Gefahr höher, das die oben erwähnten reaktiven Sauerstoffspezies (sog ROS=Reactive oxygen species) die Zooxanthellen schädigen. Durch das Enzym Superoxid-Dismutase, bei dem Nickel wieder ein Rolle spielt, werden die Schädigungen minimiert.
Aus diesen genannten Gründen geben einige Labore höhere Idealwerte an, als das diese im Meer vorliegen.
Re: Nickel
Verfasst: Dienstag 29. Oktober 2019, 09:15
von Micha_Nds
Danke für den Input. Gerne mehr davon.
Wie verhält es sich mit Zink?
Re: Nickel
Verfasst: Dienstag 29. Oktober 2019, 16:33
von BigStone
Ja, danke Dieter.
Re: Nickel
Verfasst: Dienstag 29. Oktober 2019, 20:59
von tropicreef
Micha_Nds hat geschrieben:Wie verhält es sich mit Zink?
Zink ist mit einer der notwendigsten Spurenelemente für unser Hobby. Zink aktiviert auch einige Enzyme wie die Carboanhydrase, Carboxypeptidase, Alkalische Phosphatase, Alkoholdehydrogenase und die Cu-Zn Superoxid-Dismutase. Die Carboanhydrase (CA) ist ein Enzym, das die physiologisch bedeutsame Gleichgewichtsreaktion katalysiert:
CO2 + H2O ↔ HCO3- + H+
Der Korallenpolyp kann diesen Vorgang beschleunigen, indem er schnell Hydrogencarbonat durch das Enzym Carboanhydrase bildet und andererseits den pH-Wert an der Kalkbildungsstelle hoch hält.
Jörg Kokott hat geschrieben:Zink und andere Schwermetalle sind als Co-Faktoren nicht nur für einem spezifischen Stoffwechselweg, sondern für viele verschiedene und auch innerhalb verschiedener Organismengruppen unterschiedlich relevant. Die CA spielt auch in der Photosynthese der Algen und Zooxanthellen eine Rolle, nicht nur bei der Calcifikation in der Koralle.
Klar sind solche experimentellen Daten auch in die Entwicklung z.B. des nutri-spur basic oder nutri-spur HED eingeflossen, allerdings muss man auch klar sagen, dass man in der Aquaristik mit solchen Daten sehr vorsichtig umgehen muss. Auch wenn z.B. eine Steigerung der Photosyntheserate durch eine Zinkerhöhung experimentell signifikant positive Ergebnisse hervorbringt, dann kann es im Aquarium aber auch andere Prozesse oder Organismen schaden. Die wissenschaftliche Literatur ist hier also nützlich, bei Weitem aber nicht Alles.
In der Basis nutze ich solche Daten natürlich für meine Rezepturen und schaue dann, wie sie riffaquaristisch passen oder auch nicht.
Calcifikationsraten im Aquarium zu messen ist aber nicht ganz einfach, weil reines Längen- oder Breitenwachstum nichts über die Skelettdichte aussagt. Du musst also die Skelettdichte mitberücksichtigen um eine Aussage treffen zu könne, wie hoch die Calcifikationsrate ist.
Re: Nickel
Verfasst: Dienstag 29. Oktober 2019, 21:03
von Micha_Nds
Danke Dieter
Re: Nickel
Verfasst: Freitag 7. Februar 2020, 21:05
von tropicreef
Noch ein Nachtrag zum Thema Zink:
Der Zinkgehalt in künstlichem Meerwasser ist oft unnatürlich erhöht und daher potenziell giftig für Aquakultur-Korallen. Allerdings ist unser Wissen darüber, wie Zink auf Korallen wirkt, immer noch begrenzt. Wissenschaftler um Tim Wijgerde testeten die Auswirkungen einer Zinksupplementierung (0, 1, 10 und 100 µg/l) auf Gesundheit, Wachstum, NDVI (=Normalized Difference Vegetation Index, ein Proxy für Chlorophyll a) und die Gesamtfärbung der Steinkorallen Stylophora pistillata. Nach zwei Wochen wurden bei keiner der Behandlungen Anzeichen einer Nekrose beobachtet. Allerdings stellten sie bei 100 µg/l eine beträchtliche Wachstumsreduktion von ~62% im Vergleich zu Zinkgehalten von 0 bis 10 µg/l fest. Darüber hinaus war der NDVI bei 100 µg/l Zink um ~36% signifikant reduziert, was auf einen Verlust von Chlorophyll a hinweist. Zink beeinflusste die Korallenfärbung im Allgemeinen nicht, obwohl die Reflexionsintensität bei 100 µg/l deutlich zunahm, was höchstwahrscheinlich auf einen Verlust von Chlorophyll a zurückzuführen ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die No Observed Effect Concentration (NOEC) nach zweiwöchiger Zinkexposition 10 µg/l für S. pistillata betrug. Unsere Ergebnisse zeigen, dass potenziell toxische Metalle wie Zink, die in kommerziellen Meersalzen und Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sind, schädliche Auswirkungen auf Korallen haben können.
Man berechnet den NDVI aus den Reflexionswerten im nahen Infrarotbereich und des roten sichtbaren Bereichs (rot, etwa 620 bis 700 nm) des Lichtspektrums: NDVI = (NIR-ROT)/(NIR+ROT). Pflanzen weisen im Bereich von 0,7 bis 0,9 Mikrometer (nahes Infrarot) eine starke Reflexion auf. Zwischen 0,6 und 0,7 Mikrometern (Rot) ist ihre Rückstrahlung aufgrund der Absorption durch das Chlorophyll hingegen nur sehr schwach.