Sulfonsäure

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tropicreef
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Sulfonsäure

Beitrag von tropicreef »

Hallo, inwieweit wirkt Sulfonsäure negativ auf die Beckenbiologie. Wirkt es toxisch auf die Korallen? Wird es durch Bakterien abgebaut?
Gruss Dieter
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Patrick
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Re: Sulfonsäure

Beitrag von Patrick »

Hi Dieter,

wie kommst Du denn dazu? In wie weit ermittelst Du so was?
Salty greetings,
Patrick
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tropicreef
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Re: Sulfonsäure

Beitrag von tropicreef »

Hi Patrick, jeder der sein Leitungswasser mit Vollentsalzer deionisert, hat zwangsläufig damit zu tun. Ermitteln kann ich es nicht. Ich selbst verwende einen Vollentsalzer von Gralla mit stark sauren Kationenharz und stark basischem Anionenharz. Vielleicht erkläre ich kurz den Hintergrund:

>> Starksaure Kationenaustauscher sind Austauscher mit stark dissoziierten funktionellen Gruppen, im allgemeinen Sulfonsäuregruppen, meist sulfonierte und vernetzte Polystyrole. Sie sind in der Lage, aus allen Salzen die Kationen aufzunehmen und gegen
Wasserstoffionen auszutauschen, so dass am Ablauf die freien Mineralsäuren vorliegen.

>> Starkbasische Anionenaustauscher sind Austauscher, die quaternäre Ammoniumgruppen als funktionelle Gruppen enthalten. Die Wirksamkeit beruht auf der Fähigkeit zum Austausch des Gegenions gegen andere Anionen. So sind sie in der Lage, die Anionen sowohl starker als auch schwacher Säuren gegen Hydroxidionen auszutauschen.

Bei Vollentsalzern passiert das sog Leaching. Der Begriff „Leaching“ ist englisch und bedeutet wörtlich übersetzt „Auslaugung/ Elution“.

Schädliche Auswirkung des Kationenaustauscherleachings sind die Auswirkungen auf die Eigenschaften nachgeschalteter Anionenaustauscher. Durch Ablagerungen der Polystyrolsulfonsäuren an den Anionenaustauschern und auf deren Oberfläche kann die Austauschkinetik der Anionenaustauscher erheblich beeinträchtigt werden, was sich unter Umständen in erhöhten Leitfähigkeitswerten nach der Vollentsalzungsstufe äußern kann. Diese Polystyrolsulfonsäuren werden aber nicht komplett vom Anionenaustauscher gebunden, so daß diese Sulfonsäure zwangsläufig ins Aquarium kommt.

Das ist auch der Grund warum die ersten Liter nach Inbetriebnahme des VE weggeschüttet werden sollen. Je länger ein VE nicht in Betrieb ist, desto größer wird der Leaching Effekt.
Gruss Dieter
Fellnase
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Re: Sulfonsäure

Beitrag von Fellnase »

Zur Auswirkung kann ich leider nichts sagen. Aber gut zu wissen! Die ersten Liter kommen bei mir schon aus Gewohnheit weg, da ich bei der Osmoseanlage, wenn sie etwa eine Woche steht, einen Geruch nach faulen Eiern am Auslauf feststelle. Die ersten Liter gehen dann in den Ablauf. Anschließend wird das Mischbettharz drangehängt und wieder die ersten Liter verworfen. Also zwar aus anderem Grund, aber trotzdem alles richtig gemacht.
Gruß
Burkhart
Fry
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Re: Sulfonsäure

Beitrag von Fry »

Hallo allerseits,

die Sulfonsäuren im Harz sind polymergebunden, das "leaching" ist daher mehr als Abrieb zu verstehen. Ich glaube nicht, dass es nennenswerte Mengen ins Becken schaffen.

Im Aquarium verbrauchen die Sulfonsäuren (wegen ihrer stark sauren Eigenschaft) KH, die Menge ist aber sicher zu gering um diesen Effekt messbar zu machen. Die Sulfonsäuren sind schon hoch oxidiert, deswegen kommt es zu keinem nennenswerten Verbrauch an Sauerstoff. Auch ist die Polymermatrix (Polystyrol/Divinylbenzol quervernetztes Polymer) schwer biologisch abbaubar und wird wohl keine chemischen/biologischen Effekte im Becken hervorrufen. Die Sulfonsäuren ansich weisen auch keine/nur geringe Toxizität auf.

Beste Grüße,
Christoph
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tropicreef
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Re: Sulfonsäure

Beitrag von tropicreef »

Fry hat geschrieben:die Sulfonsäuren im Harz sind polymergebunden, das "leaching" ist daher mehr als Abrieb zu verstehen. Ich glaube nicht, dass es nennenswerte Mengen ins Becken schaffen.
Das kommt darauf an, inwieweit das leaching vorangeschritten ist. Einige Leachables wie das Sulfobenzoatester mit hohem Molekulargewicht werden nicht durch das Anionenaustauscherharz aufgenommen und können so das Deionat kontaminieren.

Die Leachables in den Harzkörnern sind folgendermaßen verteilt:
>> Die Konzentration der Leachables in der Nähe der Oberfläche von beladenem Harz ist niedrig und in der Mitte hoch, da Leachables während des Betriebes ständig von der Oberfläche entfernt werden. Innerhalb der Harzkörner gilt die Diffusion als vorherrschende Größe.
>> Die Harzkörner von regeneriertem Harz dehnen sich wegen des osmotischen Druckes, sowie der Ionenform aus und schrumpfen dann wieder. Dieser Schwamm-Effekt führt zu einer gleichmäßigeren Verteilung der Leachables in den Harzkörnern.

Die Harze, welche vornehmlich in den Ionenaustauschern zum Einsatz kommen, sind von der Fa. Bayer das stark saure Lewatit® Kationen-Harz S100 bzw. S100G1 und das stark basische Anionen-Harz Lewatit® MP62.
Dabei gibt es aber bereits auf dem Markt eine neue Generation leistungsfähiger gelförmiger Kationenaustauscher. Sie zeichnen sich unter anderem durch ihr sehr gutes Leaching-Verhalten und eine ausgezeichnete chemische Beständigkeit aus. Für mich verwunderlich, dass diese immer noch nicht in der Meerwasseraquaristik Einzug gehalten haben. Das optimierte Leaching-Verhalten von Lewatit MonoPlus S 108 und Lewatit MonoPlus S 108 H ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal für die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit eines Ionenaustauschers. Je weniger ein Typ zum so genannten Eigen-Leaching neigt, desto weniger TOC (total organic carbon) wird abgegeben. Diese Abgabe von organischen Stoffen ist unerwünscht, da sie zu einer Blockierung der Anionenaustauscher führen und somit die Betriebsbedingungen in der VE Anlage verschlechtern . Eine Qualitätsminderung des produzierten Wassers ist die Folge. Darüber hinaus zeichnen sich laut Hersteller Lewatit MonoPlus S 108 und Lewatit MonoPlus S 108 H auch nach vielen Betriebszyklen durch voll funktionsfähige Harzperlen aus. Selbst bei niedrigen Zykluszeiten – also einem häufigen Wechsel zwischen Regeneration und Beladung – sorgt die spezielle monodisperse Ionenaustauschermatrix für eine lange Lebensdauer. Aufgrund ihrer hohen chemischen und physikalischen Stabilität wird Harzbruch, der zu Problemen in der Anlage führen kann, stark vermindert. Nebenbei bemerkt sollen diese Harze auch optimal für den Einsatz im Mischbettverfahren anwendbar sein.

Das angehängte Bild zeit die niedrige TOC-Abgabe (Leaching) des Kationenaustauschers in Abhängigkeit von der Lagerzeit in Wochen ( Quelle LANXESS Deutschland GmbH).

Unter den Sulfonsäuren gibt es gute und schlechte. Eine gute Sulfonsäure geben wir täglich über das sango nutri-basic #1 dem Becken hinzu. Das ist das Taurin C2H7NO3S (2-Aminosulfonsäure). Eine schlechte Sulfonsäure ist die Methansulfonsäure; diese stresst Korallen. Die Substanzen, die in Leachables aus Kationenaustauscherharz festgestellt wurden, sind u.a sulfoniertes Polystyrol, Benzolsulfonsäure oder Sulfobenzoatester. Ob diese nun für Korallen schlechte Sulfonsäuren sind, gilt es herauszufinden.
Dateianhänge
TOC Abgabe.jpg
2009-00189_3lewatit_01.jpg
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Gruss Dieter
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tropicreef
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Re: Sulfonsäure

Beitrag von tropicreef »

tropicreef hat geschrieben:Die Harze, welche vornehmlich in den Ionenaustauschern zum Einsatz kommen, sind von der Fa. Bayer das stark saure Lewatit® Kationen-Harz S100 bzw. S100G1 und das stark basische Anionen-Harz Lewatit® MP62.
Kleine Korrektur: Lewatit® MP62 gehört zu der Gruppe der schwachbasischen, makroporösen Anionenaustauschern. Als stark basischer Anionenaustauscher kommt bspw. Lewatit® Monoplus MP 500 zu Einsatz.
Gruss Dieter
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